Hallo, Herr Calmund! Kürzlich haben Sie Ihren 75. Geburtstag gefeiert. War es eine große Feier mit vielen Freunden und Weggefährten oder haben Sie sie es lieber kleingehalten?
Reiner Calmund: „Es war eine großartige Feier im Kölner Dorint Hotel. Die Feier stand, wie auch schon zu meinem 70. Geburtstag unter dem Motto „Kinderlächeln statt Geschenke“. Ich habe mit der Schirmherrin vom Verein "Mutige Kinder e.V.", Jana Ina Zarella, unseren Gästen klargemacht, dass wir kein Blumen-Geschäft eröffnen und auch keine Weinkisten nach Hause schleppen wollen. Das Ergebnis von knapp 170.000 Euro war großartig. Mit dabei war übrigens auch Alexander Wehrle, er feierte als Vorstands-Vorsitzender des VfB mit dem Kölner FC-Präsidenten Werner Wolf und den großen Stars Wolfgang Overath, Toni Schumacher und Berti Vogts an einem Tisch.“
Heute treten Sie häufig in verschiedenen Formaten der deutschen Medienlandschaft auf. Vermissen Sie Ihre tägliche Arbeit als Fußballmanager manchmal?
Reiner Calmund: „Ich war nach meiner Zeit in Leverkusen 2004 noch als DFB-Delegierter bei der EM in Portugal dabei. Danach nahm ich mit meiner Frau eine vierwöchige Auszeit in den USA. Ich wollte Abstand gewinnen und war mir relativ sicher, dass ich nicht mehr Manager sein will, obwohl ich vernünftige Angebote auf dem Tisch liegen hatte. Ich war aber nach knapp 30-jähriger Vereinsarbeit nervlich ziemlich ausgebrannt. Und dann gibt es eben manchmal glückliche Zufälle. Als das Flugzeug wieder in Düsseldorf aufsetzte, klingelte mein Telefon und RTL unterbreitete mir das Angebot für die Sendung Big Boss. Das wurde nicht nur richtig gut bezahlt, sondern hatte auch zur Folge, dass ich mehrere lukrative Werbeverträge erhalten habe und für große Vortragsveranstaltungen gebucht wurde. Das war wie ein Domino-Stein, plötzlich machte es klack-klack-klack…“ Insgesamt verdiente ich plötzlich mehr als in meinem alten Job bei Bayer Leverkusen. Das ist kein Vorwurf, aber so war es. Das hat mir die Entscheidung, aus dem Haifischbecken Bundesliga auszusteigen, leichter gemacht. Ich bereue es Nullkommanull, ich war später nie wieder gefährdet, rückfällig zu werden.“
Sind sie noch oft in der BayArena zu Gast?
Reiner Calmund: „Ich lebe ja seit mehr als zehn Jahren im Saarland. Wenn ich aber im Kölner Raum unterwegs bin, versuche ich immer live bei den Spielen dabei zu sein.“
Bayer Leverkusen gelang der beste Saisonstart der Vereinsgeschichte. Was macht die Werkself in dieser Saison so stark und ist sie besser als die Mannschaft in der Saison 2001/2002?
Reiner Calmund: „Wir hatten 2001/02 eine großartige internationale Spitzenmannschaft, die leider nur Deutscher Vize-Meister und Vize-Pokalsieger wurde. Vor der sehr unglücklichen 1:2 Niederlage gegen Real Madrid im Champions League Finale haben wir uns u.a. gegen Barcelona, Juventus Turin, FC Arsenal, FC Liverpool und Manchester United durchgesetzt. Mein Herz schlägt nach wie vor für Bayer 04 und so bin ich mit der Leistung von dem aktuellen Team hochzufrieden. Die heutige Vereinsführung mit dem Bayer 04-Boss Fernando Carro und dem erstklassigen Duo um Manager Simon Rolfes und Chef-Trainer Xabi Alonso machen einen Top-Job. Nicht zuletzt dank ihnen und ihrer Finanzpolitik hat Bayer aktuell sicherlich eine der besten Mannschaften seiner Vereinsgeschichte.“
1992 gewann der VfB in Leverkusen im letzten Spiel der Saison die deutsche Meisterschaft, Sie waren damals Manager der Profifußballabteilung. Wie erinnern sie sich an das spannende Saisonfinale damals?
Reiner Calmund: „Obwohl ich Christoph Daum die Deutsche Meisterschaft gegönnt habe, war ich persönlich natürlich sauer und enttäuscht. Bayer 04 war die bessere Mannschaft, doch ein paar Minuten vor Spielschluss erzielte Guido Buchwald in Unterzahl - Matthias Sammer hatte die rote Karte bekommen - das 2:1 Siegtor. Das Fazit: Der VfB Stuttgart wurde aufgrund des besseren Torverhältnisses Deutscher Meister vor Borussia Dortmund und uns fehlte ein Punkt zur UEFA-Cup-Qualifikation.“
Reinhold „Reiner“ Calmund wurde am 23. November 1948 in Brühl geboren. Zwischen 1976 und 2004 arbeitete Reiner Calmund in verschiedenen Positionen für Bayer Leverkusen, zuletzt als Geschäftsführer. In dieser Zeit gewann die „Werkself“ 1988 den UEFA-Cup und 1993 den DFB-Pokal und erreichte 2001 die Vizemeisterschaft sowie das DFB-Pokal- und Champions-League-Finale. Seit dem Ende seiner Zeit in Leverkusen ist Reiner Calmund regelmäßiger Gast diverser Fernsehshows. Er lebt in Saarlouis.