Hallo Jürgen! Du hast die letzten neun Jahre deiner Spielerkarriere bis 2006 fast ausschließlich bei Mainz 05 verbracht. Welche besonderen Momente aus deiner Mainzer Zeit hältst du bis heute in Erinnerung?
Jürgen Kramny: „Da gab es einige Momente, die in Erinnerung geblieben sind. Ich kam 1997 hochmotiviert aus Saarbrücken nach Mainz, als der Club erstmals um den Aufstieg in die Bundesliga mitgespielt hatte. Statt Aufstiegsrennen fanden wir uns allerdings zunächst im Abstiegskampf der zweiten Liga wieder. Nach turbulenten Jahren kam es 2001 zur spontanen Beförderung von Jürgen Klopp, mit dem als Trainer uns erst der Klassenerhalt und in den Folgejahren der Sprung in die Spitzengruppe der zweiten Liga gelang. Nach zwei gescheiterten Anläufen gelang uns schließlich 2004 der Aufstieg in die Bundesliga.“
Nach einem Jahr in der Bundesliga wechseltest du in die damals drittklassige Regionalliga zu Darmstadt 98, deine Rückkehr nach Mainz erfolgte aber schon ein halbes Jahr später. Was waren deine Beweggründe, Mainz vorübergehend zu verlassen?
Jürgen Kramny: „Ich hatte nach dem Aufstieg noch 20 Spiele in der Liga bestritten und gehörte schon zu den älteren Spielern. Jürgen Klopp, der zu seiner Zeit als Spieler noch mein Zimmerkollege gewesen war, bot mir an, als Trainer der U19 von Mainz 05 einzusteigen. Da ich mich jedoch noch fit fühlte, kam der Wechsel zu Darmstadt 98 zustande. Nach einem halben Jahr bin ich zurückgewechselt und habe wiederum ein halbes Jahr später gemerkt, dass es nicht mehr weitergeht. Dann wurde ich U19-Trainer in Mainz.“
Nach dem Abschied deines alten Zimmerkollegen Jürgen Klopp wurdest du 2008 unter Jörn Andersen Co-Trainer der Profimannschaft, nachdem du in den zwei Jahre zuvor die U19 trainiert hattest. Dein erstes Jahr als Trainer im Profibereich hätte wohl kaum besser laufen können…
Jürgen Kramny: „Das stimmt. Ich bin bis heute der Einzige, der als Spieler und Trainer mit Mainz 05 aufsteigen konnte. Leider wurde Jörn noch vor dem Start der Bundesligasaison 2009/2010 entlassen und Thomas Tuchel zu seinem Nachfolger ernannt. Zwar bot man mir an, wieder die U19 von diesem zu übernehmen, ich entschloss mich aber dazu, meinen Vertrag auslaufen zu lassen und wechselte am Ende der Saison zum VfB, wo ich bis 2016 blieb.“
Nach deiner Zeit als VfB-Trainer, in der du die U19, U21 und Profis trainiertest, bist du noch bei Arminia Bielefeld und bis Sommer 2022 bei der U19 von Eintracht Frankfurt als Cheftrainer tätig gewesen. Wie sieht dein (berufliches) Leben seitdem aus?
Jürgen Kramny: „Ich habe derzeit zwar kein Traineramt inne, versuche aber dennoch so viel es geht im Sport und im Fußball zu bleiben. Ich war über 30 Jahre fast non-stop im Fußballgeschäft tätig, daher tut es aktuell ganz gut, mal einen Blick von außen einzunehmen. Ansonsten bin ich oft bei Spielen des VfB und auch häufig in Mainz zu Gast und verbringe Zeit mit meiner Familie.“
Kommen wir zur aktuellen Lage: Nachdem sich Mainz in den letzten Jahren immer im Mittelfeld platzieren konnte, ist dieses Jahr Abstiegskampf angesagt. Der VfB auf der anderen Seite hat sich in der Spitzengruppe festsetzen können. Wie verfolgst du die aktuelle Saison?
Jürgen Kramny: „Mainz hat Druck auf dem Kessel, weil sie erst ein Spiel gewinnen konnten und in 19 Spielen erst 14 Tore erzielt haben. Mit dem VfB kommt jetzt eine Mannschaft auf sie zu, die top in Form ist, einfach drauf losspielt und sich auch von Niederlagen nicht aus der Bahn werfen lässt. Mainz hat in dieser Saison auch oft Pech gehabt, dennoch ist ein großer Teil der DNA des Clubs, immer wieder aufzustehen.“
Infokasten
Jürgen Kramny (*18.10.1971 in Bad Cannstatt) kam 1984 zum VfB und war 1992 als junger Spieler - trotz langer Verletzung - Teil der Meistermannschaft, in der er auch zehn Ligaspiele absolvierte, ehe es ihn über den 1. FC Nürnberg und den 1. FC Saarbrücken zum 1. FSV Mainz 05 zog, wo er den Großteil seiner restlichen Profilaufbahn verbrachte. In der U19 der „05ern“ startete Jürgen Kramny seine Trainerkarriere, später war er auch beim VfB, bei Arminia Bielefeld und Eintracht Frankfurt in verschiedenen Rollen im Profi- und Jugendbereich tätig.
Jürgen Kramny ist seit 25 Jahren verheiratet und hat eine Tochter (24) sowie einen Sohn (22).