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Fans, 12. November 2024

„Ein Zufall der guten Art“

Als die tunesischen VfB Fans Emir und Selma Gharbi im September für ihren Urlaub nach Stuttgart kamen, stand eigentlich nur der Besuch des Heimspiels gegen Borussia Dortmund auf dem Plan. Dann setzten bei der hochschwangeren Selma die Wehen ein.

Es war das Jahr 2015, als Emir Gharbi aus der tunesischen Küstenstadt Hammamet erstmals nach Deutschland kam. Als Direktor einer Polizeistelle in seiner Heimatstadt unterstützte er deutsche Kollegen bei der Verfolgung straffällig gewordener Personen, die im Zuge des Flüchtlingsstroms nach Deutschland gekommen waren. Dafür arbeitete er für Polizei-Dienststellen in Düsseldorf, Köln, Meckenheim bei Bonn und auch beim BKA in Berlin. „Am besten“, sagt Emir, „hat es mir aber in Stuttgart gefallen. Es wäre mein Traum gewesen, fest hier in Stuttgart zu arbeiten oder ein Praktikum zu machen, aber das ging nicht, weil man unsere Hilfe vor allem in Nordrhein-Westfalen brauchte.“

Obwohl sich sein Einsatzgebiet hauptsächlich auf NRW beschränkte, erkundete Emir Gharbi während seiner Zeit in Deutschland große Teile der Bundesrepublik – so auch Stuttgart. „Ich habe 13 von 16 Bundesländern besucht. Aber Baden-Württemberg ist mein Lieblingsland in Deutschland. Hier in Stuttgart leben die nettesten Menschen“, so Emir. Als er und seine Frau Selma 2017 für ihre Flitterwochen erneut nach Stuttgart kamen, besuchten sie erstmals die MHP Arena. Emir, der in seiner tunesischen Heimat den elffachen Meister Étoile Sportive du Sahel anfeuert, „war sofort begeistert“, wie er selbst sagt.

Auch wenn das 0:0 gegen den FC Augsburg im November 2017 kein fußballerischer Leckerbissen war, verschrieb sich Emir Gharbi dem VfB dennoch und kommt seither je nach Möglichkeit alle drei Monate nach Stuttgart, um die Jungs aus Cannstatt live zu sehen. Auch als er in diesem Jahr seinen Urlaub für September plante, war schnell klar, wohin es gehen soll: „Ich habe schon Heimspiele gegen Augsburg, den FC Schalke oder Mönchengladbach gesehen, aber noch keines gegen Borussia Dortmund oder den FC Bayern. Als ich gesehen habe, dass der VfB gegen den BVB spielt, habe ich gesagt: Da muss ich hin.“

Um das Heimspiel gegen den BVB sehen zu können und sich so einen weiteren Fußballtraum zu erfüllen, reisten Emir und seine Familie nach Stuttgart – so weit, so normal. Doch die Sache hatte einen kleinen Haken: Emirs Frau Selma war zu diesem Zeitpunkt gerade in den neunten Schwangerschaftsmonat gekommen. „Der Entbindungstermin sollte eigentlich erst Ende Oktober sein. Wir wussten, dass es eine kleine Wahrscheinlichkeit gibt, dass unsere Tochter hier auf die Welt kommt. Geplant war es aber nicht.“ Und noch bevor die Familie nach dem berauschenden 5:1 des VfB gegen den BVB wieder die Rückreise antreten konnte, ging alles ganz schnell und bei Emirs Frau Selma, die in Tunesien als Zahnärztin arbeitet, begannen tatsächlich die Wehen.

Statt des Airports hieß die nächste Station auf ihrer Reise also Robert-Bosch-Krankenhaus. Dort kam schließlich am 4. Oktober die kleine Sarah gesund zur Welt. Die Reisepläne der Familie änderten sich dadurch jedoch rapide. „So wie es gelaufen ist, war es ein Zufall – aber einer der guten Sorte“, freuen sich Emir und Selma Gharbi. Unverhoffterweise sah Emir Gharbi zwei Tage nach der Geburt seiner Tochter noch das Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim (1:1), bevor es anschließend für ihn vorerst zurück in die Heimat ging. In Tunesien füllte er die nötigen Formulare aus, nahm Sonderurlaub und reiste mit den Geschwistern der kleinen Sarah zurück nach Stuttgart. Hier wollen Emir und Selma schnell alle verbleibenden bürokratischen Hürden überwinden und dann die Rückreise antreten.

Nachdem sie das Spiel gegen Hoffenheim nicht zusammen anschauen konnten, bekamen Emir, Selma und Sarah vergangene Woche noch eine kleine Tour durch die MHP Arena, sahen die Trainerbänke, den Rasen sowie die Spielerkabine aus nächster Nähe und freuten sich, dass VfB Maskottchen Fritzle für ein paar gemeinsame Fotos vorbeischaute. „Es ist das erste Mal, dass wir alles aus nächster Nähe sehen. Vielen Dank, wir sind sehr berührt“, freuten sich Emir und Selma Gharbi. Und es soll ganz sicher nicht ihr letzter Besuch beim VfB gewesen sein.