Hallo Eike, im Jahr 1988 standest du bei der Heim-EM als Stammtorwart zwischen den Pfosten. Welche Erinnerungen hast du an das Turnier?
Eike Immel: „Ich war schon 1980 bei der Europameisterschaft sowie bei den Weltmeisterschaften 1982 und 1986 als Ersatztorwart dabei. Es ist aber etwas ganz anderes, wenn man tatsächlich auch spielt, statt auf der Bank zu sitzen. Die Europameisterschaft im eigenen Land war ein Riesenerlebnis für mich und eine ganz besondere Ehre. Die Begeisterung in Deutschland war grenzenlos, die Stadien brechend voll und die Straßen gesäumt.“
Kannst du bitte ein bisschen näher ausführen, wie es für dich war, nach mehreren Teilnahmen als zweiter und dritter Torhüter ausgerechnet bei der Heim-EM im Tor stehen zu dürfen?
Eike Immel: „Als ich 1980 auf den letzten Drücker noch mit zur EM-Endrunde nach Italien durfte, war es für mich als damals 19-Jährigen einfach unglaublich, dabei zu sein und mit Leuten wie Manni Kaltz oder Horst Hrubesch im gleichen Bus zum Spiel zu fahren. Bei den späteren Turnieren war es schon etwas schwieriger, weil ich beim VfB einer der Chefs war, die immer gespielt haben. Dennoch war es immer eine Auszeichnung, dabei sein zu dürfen. Als Stammtorhüter geht man ein großes Turnier deutlich angespannter und konzentrierter an, weil man mit dem kleinsten Fehler viel anrichten kann. Der Stolz auf das Erlebte und Geleistete kommt erst einige Zeit später, während des Turniers selbst ist man voll fokussiert.“
Wie lief die Europameisterschaft 1988 für die deutsche Mannschaft?
Eike Immel: „Die EM wurde noch mit acht teilnehmenden Mannschaften ausgetragen, sodass wir es schon in der Gruppenphase mit der Creme de la Creme des europäischen Fußballs zu tun bekommen haben. Die Spiele waren alle extrem schwierig und eng. Es gab kein Spiel, zu dem man angereist ist und schon vorher wusste, dass man gewinnt. Die Erwartungshaltung in Deutschland war zu dieser Zeit sehr hoch, was durch unsere super Vorbereitung und erfolgreiche Gruppenphase bestätigt wurde. Mit Siegen gegen Dänemark und Spanien sowie einem Remis gegen eine Weltklasse-Auswahl der Italiener waren wir für das Halbfinale qualifiziert. Nach der Halbfinal-Niederlage gegen die Niederländer war unser großer EM-Traum dann aber aus dem Nichts beendet. Wenn man das Ganze später reflektiert, erkennt man aber, dass man das Land nicht enttäuscht hat, sondern stolz sein kann.“
Welchen Stellenwert hat diese EM-Teilnahme für dich persönlich in deiner Karriere?
Eike Immel: „Die Meisterschaft 1992 mit dem VfB steht für mich über allem, die EM 1988 kommt aber direkt dahinter, auch wenn das Turnier schlussendlich nicht von Erfolg gekrönt war. Aber es kann nicht jeder Welt- oder Europameister werden und am Ende des Tages kann ich mit meiner Laufbahn zufrieden sein. Die EM war definitiv eines meiner Karriere-Highlights.“
Was erhoffst du dir von der anstehenden Europameisterschaft?
Eike Immel: „Ich bin überzeugt davon, dass unsere Mannschaft eine gute EM spielen wird, wenn das Turnier nicht mit einer Katastrophe startet. Aber ich denke, dass wir die Schotten schlagen und mit 70.000 Zuschauern im Stadion und dem ganzen Land vor dem Fernseher vielleicht noch eine Stimmung wie 2006 entfacht wird. Die Identifikation mit der Nationalmannschaft nimmt zumindest wieder zu. Ich hoffe, dass der Fußball einen positiven Einfluss auf unser Miteinander nimmt und die Menschen wieder näher zusammenrücken. Dafür ist der Sport da.“
Eike Immel (* 27. November 1960 in Stadtallendorf) bestritt 340 Pflichtspiele für den VfB und gewann in Stuttgart 1992 die Deutsche Meisterschaft sowie den Supercup. Seine Profikarriere hatte der heute 63-Jährige bei Borussia Dortmund begonnen, nach seinem Engagement beim VfB zog es ihn in die Premier League zu Manchester City. Für die deutsche Nationalmannschaft bestritt Eike Immel 19 Länderspiele und gehörte dem Kader an, der 1980 die Europameisterschaft in Italien gewann.
Heute arbeitet Eike Immel, der mit 534 Einsätzen der Torhüter mit den zweitmeisten Einsätzen in der Bundesliga-Geschichte ist, als Privatlehrer für Torwarttalente. Derzeit produziert er in Zusammenarbeit mit RTLZWEI eine Dokumentation über sein Leben.