Hallo, Fredi! Was sind deine ersten Gedanken, wenn du an die Europameisterschaft 1996 in England denkst?
Fredi Bobic: „Ich denke als Erstes an eine richtig geile Mannschaft, die wir damals hatten. Es herrschte ein unglaublicher Teamgeist. Das war nicht erst nach dem Finale bei der Feier so, sondern schon während des gesamten Turniers. Erst vor kurzem hat sich die Mannschaft wieder getroffen. Das war ein großartiges Erlebnis, um nochmal in Erinnerungen zu schwelgen.“
Nimm uns mit ins Turnier. Wie hast du den Turnierverlauf erlebt?
Fredi Bobic: „Im ersten Spiel gegen Tschechien konnte ich das 1:0 für Christian Ziege vorbereiten. Das war schön, weil es der Auftakt für ein erfolgreiches Turnier war, welches wir am Ende gewonnen haben. Wir waren kein großer Favorit auf den Titel. Italien waren talentierter, Frankreich hatte eine überragende Mannschaft und England als Gastgeber war auch richtig gut. Aber am Ende hat sich das bestätigt, was Bundestrainer Berti Vogts immer gefordert hatte: ‚Der Star ist die Mannschaft.‘ Wir haben als geschlossene Einheit gearbeitet, deshalb darf sich jeder völlig zurecht als Europameister fühlen. Wir hatten zudem eine Flut an Ausfällen, daher kamen 21 von 23 Spielern des Kaders zum Einsatz.“
Auch du hast dich im Turnierverlauf verletzt.
Fredi Bobic: „Genau, das war im Viertelfinale gegen Kroatien. Das war auch wegen meiner Herkunft ein spezielles Spiel für mich. Das war ein brutal zweikampfbetontes Duell und ein unglaublicher Fight. Leider wurde dabei meine Schulter ausgekugelt, zudem waren mehrere Bänder gerissen. Mir war sofort klar, dass das Turnier für mich beendet war. Die Freude über den Turniersieg wurde dadurch aber überhaupt nicht getrübt.“
Wie sah als einer der Jüngsten im DFB-Team deine Rolle aus?
Fredi Bobic: „Ich war der Herausforderer, wurde in dieser Saison Torschützenkönig in der Bundesliga und hatte vor dem Turnier bereits ein paar Länderspiele bestritten. Daher war ich gut in Schuss, musste mich aber dem Konkurrenzkampf mit Stefan Kuntz, Oliver Bierhoff und Jürgen Klinsmann stellen. Es war toll, dass ich in drei der ersten vier Spiele von Beginn an das Vertrauen geschenkt bekommen habe. Natürlich habe ich mich damals an den älteren Spielern wie Matthias Sammer oder Jürgen Klinsmann orientiert. Als junger Sturmpartner von Jürgen musste ich mehr Meter machen als er und habe mich voll in den Dienst der Mannschaft gestellt. (lacht)
Welchen Stellenwert hat die EM-Teilnahme in deiner Karriere?
Fredi Bobic: „Es war ein ganz besonderer Triumph und ist immer noch ein schönes Gefühl, dabei gewesen zu sein. Da die EM damals mit nur 16 Teams ausgetragen wurde, herrschte eine enorm hohe Leistungsdichte. Da war jedes Spiel ein gefühltes Endspiel. Der Titel ist in meinen Augen fast gleichzusetzen mit einem WM-Triumph, da damals von den besten Nationalmannschaften der Welt nur Brasilien und Argentinien gefehlt haben. Wenn man die Zeit seit 1996 betrachtet, erkennt man, wie schwer es für Deutschland war, wieder die Europameisterschaft zu gewinnen.“
Was erhoffst du dir von der anstehenden Heim-EM?
Fredi Bobic: „Ich hoffe, dass es für die gesamte Gesellschaft in Deutschland ein schönes Turnier wird. Die EM wird hoffentlich kunterbunt und friedlich, sodass alle Nationen ihren Spaß haben. Wir werden sicher tollen Fußball zu sehen bekommen, vor allem ab dem Achtelfinale. Und natürlich hoffe ich, dass Deutschland so weit wie möglich kommt. Ich wünsche mir, dass das DFB-Team mindestens bis ins Halbfinale kommt.“
Fredi Bobic (*31.10.1971) ging als Teil des „Magischen Dreiecks“ in die VfB-Geschichtsbücher ein. Gemeinsam mit Giovane Elber und Krassimir Balakov wirbelte der Angreifer in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre in der Bundesliga, erzielte in 182 Pflichtspielen im Brustring-Trikot 86 Tore und gewann 1997 mit dem VfB den DFB-Pokal. 2002 wurde er mit Borussia Dortmund Deutscher Meister. Nach seiner aktiven Karriere, die der 52-Jährige 2006 bei HNK Rijeka beendet hatte, begann die Karriere als Manager: Von 2010 bis 2014 war Fredi Bobic erst Sportdirektor und anschließend Vorstand Sport beim VfB. Nach weiteren Management-Funktionen bei Eintracht Frankfurt und Hertha BSC ist der 37-fache deutsche Nationalspieler derzeit ohne Verein.