Dass fast jedes Gespräch mit dem Wetter beginnt, ist in diesen Tagen noch ausgeprägter als sonst. Austin friert – und die Einheimischen versichern ihren Gästen aus dem fernen Stuttgart, wie ungewöhnlich derartige Temperaturen selbst für den wechselhaften November hier sind. Bevor die Spieler auf dem schicken Trainingsgelände des Austin FC den Platz betreten, fragen einige sogar bei Zeugwart „Meuschi“ nach Handschuhen. Und der hat natürlich vorgesorgt. Sportlich geht es an diesem Dienstagmorgen vor allem darum, die Muskeln nach der langen Flugreise zu lockern und unter anderem mit verschiedenen Passformen wieder in die Bewegung zu kommen. Rund 30 VfB-Fans sind extra herausgefahren zum St. David’s Performance Center, um sich die erste Trainingseinheit der Profis anzusehen. Und alle sind sich einig: So kalt hätten sie sich Texas im November nicht vorgestellt. Trotzdem ist die Stimmung gut, kurz nach dem Training kommt sogar die Sonne heraus.
Während der Großteil der Mannschaft nach dem Mittagessen frei hat und, teilweise mit familiärer Begleitung, Austin erkundet, beginnt für einige das offizielle Besuchsprogramm. Die VfB-Fußballschule veranstaltet ein großes Training für Jungen und Mädchen im Pflugerville Schuldistrikt. Vier VfB-Trainer, darunter der aus Florida stammende Nate Weiss, sowie die Spieler Anrie Chase und Florian Schock betreuen die Kids, die mit großem Spaß bei der Sache sind. Auch die VfB-Legenden Cacau und Ricardo Osorio sowie VfB-Marketingvorstand Rouven Kasper sind dabei – und natürlich Fritzle. Das VfB-Maskottchen kommt bei den jungen Kickern gut an, so wie überall.
Akademische und athletische Welt
Parallel besucht eine VfB-Delegation um Finanzvorstand Thomas Ignatzi, Teambetreuer und VfB-Legende Peter Reichert sowie Markus Rüdt, Direktor Sportorganisation, die University of Texas at Austin. Sie werden von Hannes Mandel vom Bereich „German Studies“, der großer VfB-Fan ist, über den Campus geführt. 50.000 Studentinnen und Studenten lernen und forschen hier an einer der renommiertesten Hochschulen der USA. Besonderer Anlaufpunkt der Tour über den Campus: eine von nur noch 20 komplett erhaltenen Gutenberg-Bibeln weltweit. Sie wurde 1978 für die Universität gekauft und ist in der Bibliothek ausgestellt. Einmal pro Monat wird sie aus ihrem Schrank genommen und eine Seite weitergeblättert.
Nach der akademischen Welt erkundet die VfB-Gruppe dann die zweite Säule der Universität: die athletische. 20 Sportarten von Leichtathletik bis Frauenfußball gehören zum Programm, das Jahr für Jahr Titel gewinnt und Weltklasse-Sportler ausbildet. Weithin sichtbares Aushängeschild der Longhorns (benannt nach der texanischen Rinderart mit charakteristisch langen Hörnern) ist das Stadion des American-Football-Teams. Bis zu 108.000 Menschen finden bei den sieben Heimspielen pro Saison darin Platz. Allein die Eingangshalle mit Regalen voller Trophäen sorgt für Eindruck, und das Spielfeld mit dem Käfig für den inzwischen 15. Langhorn-Bullen der Teamgeschichte, der als lebendes Maskottchen bei den Spielen Glück bringen soll, erst recht. Die aktuelle Saison läuft für die Longhorns zwar durchwachsen, aber mit Running Back Bijan Robinson hat das Programm ein Megatalent in seinen Reihen, das es im kommenden Draft 2023 sicher in die Profiliga NFL schaffen dürfte. Beinahe wäre der VfB-Tross eben jenem Bijan Robinson zufällig in die Arme gelaufen. Gerade, als die VfBler das Stadion verlassen, steigt der Jungstar in seinen Sportwagen und rauscht über den Campus. Der Wagen ist knallorange, passend zu den Farben seines Teams.
Den Abend verbringen die Reiseteilnehmer nicht im Hotel, sondern in verschiedenen Gruppen in der Stadt – und beschließen so einen Tag, der kalt war, aber voller neuer Eindrücke.
Der Tag zusammengefasst bei unseren 0711-News:
