Ein großes Kämpferherz. Ein professioneller Sportler. Und viel Qualität für die Position des linken Außenverteidigers. Cristian Molinaro hat mit seinen Auftritten reichlich Energie auf den Rasen gebracht. Zwischen 2010 und 2014 absolvierte er 125 Pflichtspiele für den VfB und avancierte in dieser Zeit zum italienischen Nationalspieler. Inzwischen ist der 41-Jährige, der einst auch für Juventus Turin auflief, als Technischer Direktor für Venezia FC in der „Serie A“ tätig. Er kennt den italienischen Fußball somit aus der Spieler- und der Manager-Perspektive. Grund genug, mit ihm über den nächsten UEFA Champions League-Gegner des VfB und seine Erinnerung an die Zeit in Stuttgart zu sprechen.
Cristian, es ist sehr beeindruckend, dass Du nach all den Jahren noch immer die deutsche Sprache fließend beherrscht. Wie ist Dir das gelungen?
Cristian Molinaro: „Es war am Anfang eine ziemliche Herausforderung, Deutsch zu lernen. Nach meiner Zeit in Stuttgart hatte ich auch in Parma, Turin und Venedig einige Teamkollegen, die Deutsch gesprochen haben. Außerdem bin ich mit Freunden sowie ehemaligen Mitspielern aus Stuttgart in Kontakt geblieben.“
Mit welchen ehemaligen Mitspielern und Freunden aus Deiner Zeit in Stuttgart tauschst Du Dich am häufigsten aus?
Cristian Molinaro: „Da gibt es einige. Zum Beispiel mit Cacau, Antonio Rüdiger, Christian Gentner, Georg Niedermeier, Vedad Ibisevic, Tamás Hajnal sowie mit vielen italienischen und deutschen Freunden. Auch Kostas Papandrafillis, Michael Meusch und Gerhard Wörn gehören dazu.“
Zwischen 2010 und 2014 hast Du insgesamt 125 Spiele für den VfB Stuttgart absolviert. Welche Erinnerung hast Du an diese Zeit in der Bundesliga und gibt es Spiele, an die Du besonders gerne zurückdenkst?
Cristian Molinaro: „Meine erste und intensivste Erinnerung ist direkt das erste Jahr, von Januar 2010 bis Dezember 2010. Wir haben in der UEFA Champions League gespielt und zusätzlich in der Bundesliga eine der besten Rückrunden in der Geschichte des VfB Stuttgart geschafft. Dadurch qualifizierten wir uns noch für die Europa League. Auch persönlich lief es sehr gut für mich und ich konnte viele Ziele erreichen – ich gehörte im Ranking zu den besten Linksverteidigern der Bundesliga und schaffte es in die Startelf der italienischen Nationalmannschaft. Das waren unglaublich viele Erlebnisse und Erfolge. Etwas ganz Besonderes war natürlich auch das DFB-Pokal-Finale 2013 gegen den FC Bayern München – auch wenn wir leider 2:3 verloren haben. Es waren vier unvergessliche Jahre in Stuttgart. Auch privat habe ich tolle Erinnerungen an diese Zeit: Ich habe meine Frau Roberta in Deutschland geheiratet – und zu meiner Familie gehört ewig ein ‚deutscher Junge‘, weil mein Sohn in Stuttgart geboren wurde.“ (lacht)
Der VfB Stuttgart hat in der vergangenen Saison tollen Fußball gespielt und die Vizemeisterschaft in der Bundesliga sowie die Teilnahme an der UEFA Champions League erreicht. Wie nimmt man den VfB in Italien wahr?
Cristian Molinaro: „Der VfB ist bekannt. Italien wird das UEFA-Cup-Finale 1989 zwischen dem VfB und Napoli niemals vergessen (Napoli setzte sich mit 2:1 im Hinspiel und 3:3 im Rückspiel durch/Anm. d. Red.). Zudem kennt die Fußballwelt den VfB aufgrund seiner sehr guten Arbeit im Jugendbereich – es ist beeindruckend, wie viele junge Spieler in Stuttgart zum Profi wurden. Ich denke zum Beispiel an Philipp Lahm, Mario Gomez, Sami Khedira, Antonio Rüdiger, Timo Werner und viele weitere Spieler. Aleksandr Hleb, der in jungen Jahren aus Belarus nach Stuttgart kam, hat beim VfB ebenso den Durchbruch geschafft. Zuletzt ist der VfB als Club sehr gewachsen und hat sich weiterentwickelt, das konnte man auch von außen sehr gut beobachten. Selbst als es zwischen 2015 und 2020 zwei Abstiege in die 2. Liga gab und nicht alles geklappt hatte, gab der Verein niemals auf. Der VfB wird in Venedig, wo ich momentan lebe, immer einen italienischen Fan haben.“
Das Spiel am Dienstagabend gegen Juventus Turin ist ein Highlight für den VfB. Juventus ist ein großer Klub mit viel Glanz. Du hast dort gespielt: Was macht den Club so besonders?
Cristian Molinaro: „Ganz einfach: Juventus ist ein Verein, der in seiner Geschichte eine absolute Siegermentalität entwickelt hat und als eine großartige Organisation auftritt.“
Was sind die aktuellen Stärken von der Mannschaft von Juventus Turin?
Cristian Molinaro: „Es ist wichtig zu wissen, dass das Team den Trainer und den Spielstil gewechselt hat (Thiago Motta trainiert Turin seit Saisonbeginn/Anm. d. Red.). Juve spielt momentan einen sehr dynamischen und aktiven Fußball. Turin konzentriert sich zusätzlich auf eigene Talente, die im Verein herangewachsen sind. Daher wurde auch eine zweite Mannschaft geschaffen, in der einheimische Talente sowie junge Spieler, die aus anderen Ländern verpflichtet werden, reifen können.“
Hast Du einen Tipp für die Fans aus Stuttgart, welche Sehenswürdigkeiten sie in Turin besuchen sollten?
Cristian Molinaro: „Natürlich, die VfB-Fans können viel besichtigen und entdecken. Ich empfehle in Turin: das Museo Egizio, den Palazzo Reale, die La Mole Antonelliana, das Museo del Cinema sowie Il Duomo und La Sacra Sindone.“
Du hast eine Karriere als Fußball-Manager gestartet und arbeitest seit 2022 für den Venezia FC als Technischer Direktor. Was sind Deine Aufgaben und was ist Eure Vision als Club?
Cristian Molinaro: „Zusammen sind Filippo Antonelli (Geschäftsführer/Anm. d. Red.) und ich für das allgemeine Management und insbesondere den Bereich Sport des Clubs verantwortlich. Unser Ziel und das des Vereins ist es, einen Unternehmenswert für das Wachstum des Clubs und für die ‚Marke Venezia‘ zu schaffen – sowie die Chancen zu nutzen, die sich rund um diesen Verein und seine Einzigartigkeit bieten, sowohl auf dem Fußballmarkt als auch in kommerzieller Hinsicht.“