Wer nach bald einem halben Jahrhundert der Mitgliedschaft zum Ehrenmitglied des größten und bedeutendsten Sportvereins Württembergs ernannt wird, dürfte seine private Leidenschaft für den Bundesligisten vom Cannstatter Wasen nicht nur beschaulich auf der Tribüne ausgelebt haben. Nein, weder hier in der Gerlinger Kommunalpolitik war der nun Geehrte distanzierter Betrachter der Szenerie, was am Ort aufgrund seines breitgefächerten ehrenamtlichen Engagements bestens bekannt ist, noch war er gelassener Tribünengast im wabernden Fußballgeschehen des Stuttgarter Stadions.
Horst Arzt brachte schon zu Beginn seiner Mitgliedschaft, Mitte der 1970er-Jahre, nicht nur seine innere Nähe ein, sondern auch seine berufliche Kompetenz. Nach kurzer Aufforderung erstellte er 1976 ein Konzept für eine neue Stadionzeitung und fand den Beifall der VfB-Größen. Somit gilt Horst Arzt als Erfinder von „Stadion aktuell“, der Publikumszeitschrift des VfB, die den anfänglichen Unkenrufen trotzte und statt des prophezeiten raschen Hinscheidens nun schon fast fünf Jahrzehnte, nach mehreren gestalterischen Anpassungen, zu jedem Heimspiel kostenlos verteilt wird.
Damit trat Horst Arzt einen wichtigen Schritt heraus aus der Masse der VfB-Fans, sein junges Unternehmen wurde geradezu zur Hausdruckerei des VfB und lieferte zu den unterschiedlichsten Anlässen gestalterische Formate. Damit rückte er in die Vereinsöffentlichkeit, und überzeugte auch hier durch Leistung und Verlässlichkeit. Was er in Gerlingen bewirkte, konnte in Stuttgart nicht verborgen bleiben.
In seinen Erinnerungen „Nach dem Kriege aufgewachsen“ (lesenswert!), 2010, widmete er einen größeren Abschnitt dem Ehrenamt. Darin heißt es „Zu einem Ehrenamt habe ich eine besonders tief verwurzelte Beziehung: Ich bin Ehrenrat des VfB Stuttgart. Seit mehr als 30 Jahren habe ich das Glück, im Hintergrund an der Geschichte des heute weitaus größten Vereines unseres Landes mitschreiben zu können. Ich durfte mitgestalten, mitarbeiten, mitleiden und auch mitfeiern in dieser langen Zeit. Ich hatte das Glück, junge Manager des Vereins zu treffen, die aus keineswegs etablierten Situationen heraus es zwischenzeitlich zu landes-, bundes- und europaweit geachteten Persönlichkeiten des Profifußballs gebracht haben. Aus diesem Umfeld erreichte mich der Ruf zu diesem Ehrenamt.“ Das war 2006.
Zwar war das Wirken dieses Gremiums der Verschwiegenheit verpflichtet, dennoch wirkten die Ehrenräte aufgrund ihrer Ergebnisse öffentlich, ihre zum Teil komplexe Tätigkeit bestätigte ihre Position im Verein. Ihr Wort hatte Gewicht.
Zur Aufgabe im Ehrenrat (2006 – 2017) gesellte sich 2013 eine weitere Rolle im Verein: Horst Arzt wurde Leiter der Garde, der „Traditionsabteilung“ des VfB. Die Garde war im Laufe der Jahre bis 2022 eine beachtete Institution und sicherte sich im Reigen der Abteilungen die Anerkennung der Vereinsführung. Insbesondere das Vereinsleben wurde hier gestärkt, die Garde zeigte sich stets vital und die von Horst Arzt ins Leben gerufene Gardezeitschrift „Tradition“ wurde zu einem Sprachrohr der Geschichte und Kultur des VfB Stuttgart. Das Wechselspiel von privater Passion und Wirkung nach außen - das, was für Horst Arzt so charakteristisch ist, hat sich seit seinem Rücktritt 2022 wieder in stillere Bahnen bewegt.
Die Liebe zum VfB aber - mit allem Auf und Ab des Sports behaftet - kostet das neue Ehrenmitglied auf der Tribüne der Stuttgarter Arena, befreit von Ämterpflichten, in der ihm eigenen ungeschmälerten Weise aus.
Harald Jordan